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Der Name der Verfasserin dieses nachdenklichen Erlebnis-Buches, sein Titel und Untertitel beschreiben – lautmalerisch unterstützt – sehr präzise, worum es geht.
Da ist einmal die von Geburt an schwerst behinderte Lotte (S. 33 sieht man sie auf einem ersten von insgesamt acht schwarz-weiß-Bildern); S. 91 beschreibt die Mutter Lottes Grundverhalten so: „Lottes Verhalten lässt sich gut in Schwarz und Weiß einteilen. Entweder ist sie schlecht gelaunt und schreit aggressiv oder sie ist euphorisch und unkontrolliert laut. Grautöne erlebe ich selten.“ Und da ist Julia, Lottes Mutter. Diese sagt gleich am Anfang von sich selber: „Ich habe mir mein Leben immer anders vorgestellt. Unkomplizierter. Kinder gehören definitiv dazu. Mindestens drei sollten es sein. Jetzt habe ich zwei, und ich bin angestrengt, als ob es fünf wären. Beruflich habe ich mich als Entwicklungshelferin in fernen Landen gesehen. In gewisser Weise bin ich das auch geworden. Nur eben nicht in der Ferne, sondern hier in meinem Leben mit Lotte. Tagtäglich unterstütze ich meine Tochter in ihrer Entwicklung und helfe ihr, im Leben klarzukommen.“ (S. 15) Auf S. 186 schreibt sie in einem fiktiven Brief an die zwischenzeitlich 13jährige Lotte: „Ich war als Kind ganz ähnlich wie du. Wenn mir etwas nicht passte, habe ich lauthals geschrien und mit meinen Füßen aufgestampft. Ich habe meine Schwester gebissen und gekniffen und mir die Haare gerauft. Meine Mutter war in vielen Situationen überfordert und hilflos. Ähnlich wie ich.“ Mit zur Familie gehören Kasimir, Lottes drei Jahre jüngere Bruder. Den beiden Kindern ist das Buch gewidmet.Von Sebastian, dem Vater der beiden Kinder, wird sich Latscha trennen.
Die Verfasserin beschreibt das Aufwachsen Lottes und ihr eigenes Empfinden dabei, sehr direkt, lebendig und glaubwürdig. Als LeserIn wird man sehr weit mit hinein genommen. So nebenbei erfährt man von den Grenzen unseres Gesundheitssystems, selten schöne Beispiele menschlicher Anteilnahme, meist von viel Unverständnis und Ablehnung, Hilflosigkeit und Unsicherheit.
Mit am beeindruckendsten fand ich die Schilderungen zweier großen Reisen. Die eine führte in die Mongolei; zwischen den Seiten 176 und 177 sind elf Farbfotos abgedruckt; S. 91-94 wird von der Begegnung mit mit einem Schamanen erzählt. Die andere Reise führte nach Lourdes; dort begegnet Latscha der Jungfrau Maria; S. 136-138 wird diese Begegnung in einer Mischung von Traum und Wirklichkeit geschildert. Beide Male erhoffte sich Latscha kein großes Wunder, aber doch eine Verbesserung. Teilweise geschieht das auch. Aber nicht grundlegend. Dass Latscha eine gewisse Offenheit für religiöse Dinge hat, zeigt sich unter anderem an ihrer Beschäftigung mit einem Horoskop (S. 188), vor allem jedoch an dem Sinnspruch auf S. 7, vor dem ersten Wort der Verfasserin: „Es mag mir geschehen, was will, ich verliere nie die Gewissheit, dass hinter mir Arme geöffnet sind, um mich aufzunehmen.“ (Lou Andreas Salomé) (gm)
Julia Latscha
Lauthalsleben
2017
gebunden, 204 S.
19,99 €
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